Samstag, 29. Januar 2011

Goldbestäubte Sirupwölkchen

Ich bin ja kein Freund von Kitsch. Eigentlich. Mit furchtbar romantischen Szenen der Liebe ist mir meist nur eine hochgezogene Augenbraue zu entlocken. Nicht auf dezent-kokette Anne Will-Art, sondern mit gekräuselter Stirn und der Zugbewegung folgendem Nasenflügel.

Nun aber kann ich eine gewisse Zuneigung zur wunderbaren Heile-Welt-anno-dazumal-Serie "Unsere kleine Farm" nicht leugnen.
Warum nur? In jeder Folge, in jeder, wird mindestens einmal geweint. Alles wird gut ausgehen, natürlich, und es wird sich mehrfach umarmt.
Schaut man's nur, fällt der Kitsch eher weniger auf. Aber lasst mich nur einmal eine Folge beschreiben, eine meiner liebsten, "Die Theateraufführung".

Die Schule des beschaulichen Ortes Walnut Grove bereitet also eine Theateraufführung für die Eltern der Kinder, wen auch sonst, vor. Die Mutter des Mädchens mit dem blonden langen Haar, das übrigens im Verlaufe der Serie nie wieder auftauchen wird, will diese allerdings partout nicht sehen, schiebt als Begründung vor, sie habe nichts anzuziehen. (Frauen.)
Gut, dass ein Perückenmacher in der Stadt ist, das Mädchen verkauft ihm seine Haare, schenkt seiner Mutter ein Kleid, in rührenden Wein- und Umarmungsszenen wird alles wieder gut. 
(Seid beruhigt: auch in Walnut Grove gibt es Prügeleien, Intrigen und Diskriminierungen en masse.)

Oh. Mein. Gott. Es trieft etwas Klebriges aus rosaroten Wölkchen auf mich, wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse.
Aber: etwas Kitsch darf doch erlaubt sein. Nur nennen wir es lieber anders, lassen wir etwas nicht einfach nur kitschig sein, sondern zauberhaft, bezaubernd, zauberschön, mit Gold bestäubt, oder ganz schlicht, einfach nur süß.

Pro Romantik! In kleinen Dosen.
Wenn ich zum Abschluss ein kleines Zitat anbringen dürfte:

"Die Würde des Menschen ist seine Obsession,
und die wirkt fast immer lächerlich. 
Und diese Lächerlichkeit, diese Obsession,
dieser Kitsch, ist das Schönste,
was es von Menschen zu berichten gibt."
Turrini (1995)

Samstag, 22. Januar 2011

"Denn der Mensch ist ja Mensch nur wenn er's warm hat und Licht."

Was willst Du nun anfangen, ohnmächtiger Theaterfreund?

Alle der Kunst wärmstens zugeneigten Damen und Herren mögen Ihre Picknickkörbe packen, Decken mitnehmen, Decken zuhauf, wir würden uns allesamt vor dem Theater festketten, vor den Türen, an den Bänken und Säulen. 
Einige würden Tee ausschenken, Schnittchen zur Mittagszeit, später Kaffee und Kuchen.

Nicht zu vergessen, denn sie sind ja das wichtigste, die Transparente!
Und wenn nun gerade kein Politiker am Platze wäre, der uns erzählte, dass eine Insolvenz nicht das Ende bedeute, dem wir mit schillernd bunt beschrifteten, an Holzlatten genagelten Pressspanplatten die ignorante Kommerzvisage blutig schlagen könnten - wir würden in diesen Pausen auch schon einmal eine Partie Rommé zu spielen wagen.

Bitte bringt Wärmflaschen.

Dienstag, 18. Januar 2011

Pausen klaun.

Die Pause als solche scheint mir vollkommen unterschätzt, wenn nicht gar verurteilt als Zeichen von Faulheit und Müßiggang.
"Eine Gesprächspause", wer hört denn diesen Ausdruck ohne ein "unangenehm", das daran klebt?
Kleine Pausen - sie sollten gesucht, gefunden und kultiviert werden. Als die ruhige, nicht drängende kreativ-produktive Ideenfindungs-, Eindruckverarbeitungs- und Lösungsentstehungszeit. Öfters mal ein "nicht jetzt" erwidern, dass nicht böse gemeint ist, und es ebenfalls so annehmen lernen.
Die Zeit, an Rosen zu schnuppern, diesen Ausdruck kennen wir wohl alle, und weil das furchtbar kitschig klingt, dürfen die kleinen Pausen auch gerne anders genutzt werden. Ein Kaffee, eine Notiz, eine Seite im Buch, ein Foto, ein Fundstück. Ein regungsloses Sitzen und Denken, so sehr es auch nach Nichts-tun aussehen mag.
Mut zur Pause. Mut zum Päuschen. Die kleine innere Abwesenheit zwecks Selbstfindung - für Zwischendurch.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Brausebrimbamborium

Der größte Brausenfreund bin ich nun nicht gerade, zumindest dann nicht, wenn es um die üblichen Verdächtigen geht. Und die möchte ich auch gar nicht nennen, denn wenn Ihr kurz in die Getränkeabteilung des nächsten Supermarktes flitzt, wisst Ihr sicher, was ich meine.

Aber inzwischen, ich möchte einmal behaupten, durch die Bionade, werden die Freuden funky sprudeliger Szeneerfrischungsgetränke auch Ottonormal-Nichtszenegänger zugänglich.
Aus gegebenen Gründen, insbesondere dem #matest, dem wir kürzlich auf Twitter beiwohnen durften, wollen diese Bräuschen von mir erkundet werden.

Muss das übliche Malzbier der Mate weichen? Na na, das nicht. Aber ich nehme an, dass es weitere Favoriten neben sich dulden wird.
Wostock, 1337MATE, Premium Cola, hui, wie aufregend! (Es sind die kleinen Dinge.)

Freitag, 7. Januar 2011

Die Bahn wird Religion

Unsere liebe, gute, treue Deutsche Bahn (aber es heißt jetzt "Die Bahn", oder?).
Was wurde nicht über sie geredet, diskutiert, was hat sie nicht das Vertrauen ihrer Fahrgäste erschüttert, die ja doch wieder mit ihr fahren werden, weil müssen.
So einig man sich auch sein mag, wenigstens bei klarem Verstand, dass einige Instandhaltungsmaßnahmen an Nah- und Fernverkehrszügen dem Bau eines "funky" U-Bahnhofes in Stuttgart vorzuziehen wären - trotz allem werden wir wieder in diese Züge steigen, und eines schönen Tages vielleicht auch in der Stadt am und um den Neckar drumrum Halt machen.

Ich selbst bin ja nach zwei aufgefallenen Zügen ein wenig skeptisch der Bahn gegenüber und prüfe, schon Tage vor der Abreise, ob die Wagen, welche zuvor die jeweilige Strecke befahren, dies auch wirklich tun. Nun nennt mich bitte nicht paranoid, Vorsicht ist besser als Nachsicht. Und doch gebe ich es zu: als ganz und gar führerscheinloser Mensch werde ich wieder am Bahngleis stehen, und fällt der Zug aus, na, dann fällt er halt aus. Ich bin mir sicher, nicht die Einzige zu sein, die, alternativlos, den Kopf nach "Ansagen am Bahnsteig" reckt.
Menschen, vollkommen zu Recht aufgebracht, harren auf eisig kalten Bahnsteigen aus, pflaumen hier und da, vollkommen zu Unrecht, einen Mitarbeiter der Bahn an, der auch nicht viel besser informiert worden ist als sie.

Und wir werden wieder in diese Züge steigen. Also, liebe "Die Bahn", wir brauchen Dich und sind froh, wenn Du für uns da bist, auch wenn wir unsere Liebe nicht immer offen zeigen können. "Willst Du gelten, mach Dich selten", das gilt aber nicht für den Bahnverkehr. 
Und wenn aus diesem in einhundert, zweihundert Jahren eine Religion geworden ist, weil regelmäßige Fahrten nur dann stattfinden, wenn alle fest daran glauben, und falls nicht, dann wird es sich wohl um einen höheren Willen handeln, dessen Sinn sich uns gar nicht erschließen kann - dann werden wir nicht Fahrpläne forsten, um uns der Abfahrbereitschaft der Züge sicher zu sein, sondern Kerzen anzünden. Es sollte ähnlich großen Nutzen mit sich bringen.

Dienstag, 4. Januar 2011

Unverschämte Kurzsichtigkeiten

Nun bin ich ja, wie so viele andere auch, mit einer Kurzsichtigkeit im medizinischen Sinne gesegnet. Das Wort 'gesegnet' meine ich ironisch, wie vielleicht der ein oder andere schon ahnte. Andererseits kommt man als Dame oder Herr mit vollem Sehvermögen auch nicht in den Genuss des Momentes, in dem man mit entsprechender Korrekturvariante zum ersten Mal wieder wunderbar klar sehen kann.
 Seit einigen Jahren trage ich Kontaktlinsen, und wie das nun einmal so ist, ging meine Brille trotz konsequenter Nichtnutzung irgendwann zu Bruch. Wahrscheinlich vor lauter Kummer über meine Ablehnug.
Warum also nicht mal wieder einen Sehtest machen lassen, sich ein neues Nasenfahrrad gönnen, um auch mal wieder furchtbar klug dreinzuschauen?
Wie sich herausstellete, sollten die Augen davor jedoch eine gewisse Zeit lang kontaktlinsenfrei und ausgeruht sein. Auf meine Anmerkung hin, dass mir dies aufgrund des Fehlens einer Brille und der Ausgeprägtheit meiner Sehschwäche nicht möglich sei, riet mir die nette Dame doch folgendes: so solle mich nach einer augenerholsamen Nacht in die Filiale führen lassen.
Ein Begleithund wurde mir nicht angeboten. Unverschämtheit.

Sonntag, 2. Januar 2011

Vorsätze, Fundstücke und Ohrfeigen

Zumindest hier haben wir heute einen wunderbar sonnigen Wintertag. Mein Ratschlag an Euch alle dort draußen: greift Euch bei nächster Gelegenheit eine Kamera und haltet diesen Winter für nachfolgende Generationen fest, nur für den Fall, dass diese Euren Schilderungen von meterdicken Eisdecken auf den Straßen und den darunter befindlichen Schneemassen keinen Glauben schenken werden.
Einen meiner persönlichen Eindrücke findet Ihr hier rechtsseitig.

Überhaupt bin ich gerade in einer Stimmung zum Bewahren von Erinnerungen und übertrage derzeit Getipptes von Zweitausendundacht auf Papier. Und obwohl ich keine Vorsätze für das neue Jahr fassen wollte, nun habe ich es doch getan.
Überrumpelt von der Erkenntnis, dass ich im Jahre Zweitausendundneun an Geschehnissen nichts weiter dokumentierte und mich auch tatsächlich schwer an Relevantes dieser dreihundertfünfundsechzig Tage erinnern kann, habe ich mir vorgenommen, Ereignisse, auch die vielen kleinen, schönen, festzuhalten.
In Bild, in Schrift, in Fundstücken, und man denke, der Erfüllung dieses Vorhabens sicher, blicke ich mit einigermaßen unbescheidener Zuversicht in das Jahr Zweitausendundelf.

Doch fürchtet Euch nicht und versteht mich nicht falsch: ich werde nie und nimmer zum Scrapbooker!
(Falls doch, bitte erinnert mich höflichst an meine Ablehnung gegen diese Freizeitbeschäftigung, die meiner Ansicht nach in ihrer Spießigkeit nur von mit Serviettentechnik beklebten Übertöpfen überboten werden könnte. Notfalls unter Zuhilfenahme kräftiger Ohrfeigen.)