Dienstag, 13. September 2011

at.tension #4


Für einen viel zu kurzen Sonntag war ich auf der at.tension #4.

Dieses Theaterfestival findet alle zwei Jahre auf dem Gelände des ehemaligen sowjetischen Militärflugplatzes bei Lärz im Kulturkosmos Müritz in Mecklenburg statt. In diesem Jahr vom 09. bis zum 11. September mit praktischer Campmöglichkeit für ein Theaterwochenende.

(Eure wahrscheinlich nicht allzu aufschweifende Kenntnis über die Dörflis Mecklenburgs will ich an dieser Stelle verzeihen und Euch auf die Sprünge helfen:
hier findet alljährlich das wohl besser bekannte Fusion-Festival statt.)

Die Schauplätze der at.tension sind einzigartig, auf alten Landebahnen, in und auf geschwungenen, von Gras überwachsenen Hangars – überall ebenso spannende Menschen, die meisten mit einer Flasche Club Mate in der Hand.
Apfelkrapfen hier, Kürbis-Kokos-Suppe da, Chai dort – allein für die kulinarische Erkundung scheint mir mein Sonntag zu kurz.

Hier für Euch ein kleines Resumee der Aufführungen, die ich gesehen habe.



Ein Fuchs wird Kükenpapa. Und widersteht seinem Heißhunger auf Entenbraten.
Eine zuckersüße Geschichte mit flauschfusseligen Kükchen, einem roten Mantel, der zum Fuchs wird, und einer erzliebenswerten Puppenspielerin, die Kükeneier aus ihrem Nestdutt hervorzaubert und aus einer Pfanne einen Ententeich werden lässt.



Um dieses Duo zu beschreiben, benutze ich mal ein angestaubtes Wort: verschmitzt.
Die beiden improvisieren lockig-flockig und nehmen ihr junges Publikum ebenso ernst wie die erwachsenen Zuschauer. Da gehört zu den Gesangsspezialitäten der Katze das Chanson, wenn's sein darf, dann rappt sie aber auch lautstart gegen das "SYSTÖÖÖM!!"
Ungeheuer witzig, clever gespielt, mit feiner Tendenz zur Politsatire und letztlich einem unbeschwerten Umgang mit dem Puppentheater an sich, wenn der handpuppige Esel die ihm zugereichten Pappkulissen aufbaut und um Applaus für die Technik bittet.



Ich dachte immer, beim Seiltanz geht es um den Staunensvorgang, wenn Menschen über Schnüre schweben, während ich über den Gartenschlauch stolpere.
Das hier ist anders.
Die schöne junge Frau, den Blick voller Neugier, kommt in einem Autoreifen angerollt, ein Goldfischglas bei sich und einen Wecker. Sie erforscht, sucht, schaukelt, tanzt, träumt, zu ebenso traumhafter und energiegeladener Musik
Sie verlässt die Bühne mit einem Fisch in ihrem Glas, den sie sicher im Reifen verwahrt mit sich zieht, verfolgt von einer Traube entzückter Kinder. Hinter sich lässt sie das Publikum, angerührt von ihrer tänzerischen Poesie. Magisch.
Klickt Ihr auf ihren Programmnamen, findet Ihr auf ihrer Website einen Videoquerschnitt.



David Fernandez spielt E-Cello und baut damit ein Universum futuristischer Klänge, die auf klassische Elemente prallen und mit ihnen verschmelzen. Mit Hilfe einer Loopstation klingt er wie ein Orchester.
Er spielt zudem szenisch auf außergewöhnliche, extrovertierte Art mit seinem Werkzeug, dem Instrument, und das nicht gerade materialschonend – er zerreißt einen Bogen mit den Zähnen, spannt die Saiten aus seinem Cello und verwandelt sich in eines, indem er sich selbst damit bespannt.
Die Musik ist einzigartig, wirkt unglaublich ungebunden an Konventionen – so bewegt er sich auch - tanzt, verzweifelt, kämpft.
Auf seiner Website findet Ihr rechts ein Fensterchen für einen Videoausschnitt seines Programmes.
Festivalbonus für mich: als sich der Höhepunkt seines Spiels näherte, begann es zu regnen, alles wirkte schlicht noch spektakulärer – unzählige Menschen, die gebannt im Regen sitzen und auf einen tobenden Cellisten blicken.



Eine fünfköpfige schwedische Tanzgruppe ließ sich von der Videospielthematik zu einer furiosen Choreografie zu elektronischen Klängen inspirieren.
Bis ins kleinste Detail exakt wird hier über die Bühne gefegt, allermeistens attacca wird gelaufen, gesprungen, selbstverteidigt, ausgeteilt – bis zum Game Over. Gefeiert vom Publikum.



Hier haben wir ein weiteres spannendes Genre, das dokumentarische Theater.
Erlebt habe ich die Geschichten zweier Menschen, die Asyl suchen – erlebt, weil sie berühren, weil sie still sind in der Art ihrer Aufführung, unfassbar stark jedoch in ihrem Inhalt. Unfassbar in all den Erlebnissen der Menschen, die auf der Flucht sind aus ihrem Land, das sie – auf welche Art auch immer – verletzt, und die ungeheures Glück brauchen, aber auch ungeheure Stärke haben, in Sicherheit und eine Art von Zuhause zu finden.
Die erste Produktion der Bühne für Menschenrechte – sie selbst sprechen besser für sich, ich empfehle die Website.


So, das als kleinen Eindruck für Euch, ein kurzer Tag, ein unglaubliches Spektrum an Möglichkeiten des Theaters und des Darstellens für mich.
Merkt Euch die at.tension #5 vor.

Und ich kauf' schon mal ein Zelt.


Donnerstag, 8. September 2011

Ödnis Aufenthaltsbahnhof.

Aus welchem Grund ist Twitter zauberschön?

Mein Zug wird in Berlin halten und nicht so schnell weiterfahren. Ödnis Aufenthaltsbahnhof!
Auch, wenn es sich hier um den Hauptbahnhof von Berlin und nicht denjenigen von Klein Klockow o.ä. handelt.
Immerhin könnte man sich in dem Einen dem "Amusement" des Schaufensterbummelns hingeben, in dem Anderen eher der Betrachtung der regionalen Bahnsteigrandsflora - aber es geht hier bitteschön ums Prinzip.

Was hat das nun mit Twitter zu tun?
Sofort sind da drei zauberhafte Menschen, die mir meinen Aufenthalt verkürzen, wenn nicht gar versüßen möchten.

Dankeschön, @Einstueckkaese und @arschhaarzopf!
Ich freu mich auf Euch.


Samstag, 6. August 2011

До свидания.

Ich laufe durch die sonnige Kleinstadt, fühle mich vollkommen dehydriert, kaufe das billigste Mineralwasser im nächsten Supermarkt und habe das Bild wieder vor Augen:
das schöne russische Fräulein, das keine Grillfestkolareste auf die Wiese schütten will und den Vorgang, wie es ein anderer tut, mit flammenden Gebärden und "Zisch, zisch!"-Rufen begleitet.

Sie wird bald gehen. Ich hasse Verabschiedungen. Das ist zu viel Ruby Tuesday für mich.
Sie geht aus dem verschlafenen Nest fort, das sie zuletzt verletzte, in eine Stadt, die nicht nur riesig, laut und irgendwie hip und funky ist, sondern die sie liebt.

Ich freue mich für sie, von Herzen, und vermisse sie schon jetzt, seit Wochen.
Lose your dreams and you might lose your mind.

Mittwoch, 29. Juni 2011

Staubkörnchen im Unbewussten.

"Oh, oh. Du bist ertappt. Denk schnell nach, wie Du da wieder rausfindest. Ganz ruhig. Abstreiten geht immer!"

Das ist der minimal aufgedröselte Gedankenstrom, der durch mein Köpfchen fließt - während dieser Zeit nur von meinem zur Salzsäule erstarrten Körper gehalten - höre ich Variationen der einleitenden Formel "Du hast zwar nicht mit mir darüber gesprochen, aber..."
Es ist ein Reflex, da ist nichts zu machen!

Es wird mir doch zweifellos erst kürzlich wieder ein unbequemer Gedanke aufgekommen sein, den mein theatralisch veranlagter Dickschädel sich auf dem Gesicht zu deutlich hat anmerken lassen.
(Muss ich fliehend aus Ciociu Joannas fahrendem Wagen springen, bevor sie mich etwas Unangenehmes sagen lässt?
War ich zu sentimental und muss mich nun von dem schönen russischen Fräulein mit einem landestypischen Fluch belegen lassen?)

Manchmal kann ich nicht anders, als ein Bild von durch die Luft schwirrender gedachter Gedanken vor Augen zu haben, die sich in die Gehörgänge und ins Unterbewusstsein Anderer setzen wie Staubkörnchen.

Grübele ich in nicht allzu uninteressierter Weise über die Brüste der Damen mit dem wallend roten Haar, und rauscht in just diesem Moment ihr Mann auf eine Handbreit an mich heran (Verflucht seid ihr, ihr  rollenden Bürostühle!), mit prüfendem Gesicht ("Ich will nur wissen, ob Du eingeschlafen bist."), dann glaube ich einfach an keinen Zufall mehr.

(Jedoch der Gedanke, der mit Fingerspitzengefühl aus den Hirnwindungen gezogen wird, drückt nicht mehr gegen die Schädeldecke.)

Samstag, 18. Juni 2011

Dunkel Munkel.

Das gute alte MS Paint also.
Anscheinend ist absolut niemand vor Cat-Content sicher. Und darum wird hier jetzt eine Katze mit geschlossenen Augen gemalt.
Die Zeitzeugin, Patrick, Gilly und das kotzende Einhorn haben's vorgemacht, also bitte:

So, nun schaut's halt nicht nur:

> Open MS paint
> Close your eyes
> Draw a cat
> Post results

Dienstag, 14. Juni 2011

Frostige Klumpen.



Ganz recht. Eine Kuh in einem romantisch-nostalgischen Fernsehapparat. Mit Kurbel. Aus Gründen.
Das ist nun nicht unbedingt die artgerechteste Haltungsvariante, aber Museen müssen sich eben nette Kleinigkeiten einfallen lassen, um die Herzen ihrer Besucher zu gewinnen. Das sind die Dinge, an die man sich Jahre später noch erinnert.

So wartet ein Rügener Museeum mit einer Miniatur eines Gletschers auf, der tatsächlich aus Eis besteht. Die bleibendste Erinnerung an meinem Besuch dort, und ganz besonders im Sommer zieht es mich zu diesem übermannsgroßen frostigen Klumpen.

Für mehr Liebe zum Detail! (Und umarmbare Indooreisansammlungen  im Sommer.)

Freitag, 10. Juni 2011

"Rosen, Tulpen, Nelken..."

Es wurde eigentlich langsam Zeit.
Wir sind beim nächsten Aufreger der Internetgemeinde angelangt, Jun Hao Hung. Und mit ihm bei einem der streitbarsten Punkte der Internetnutzung: geistiges Eigentum.

So hat der junge Autor ("Wenn ich es könnte, dann hätte ich auch Gott umgebracht", Verlag Gesellschaftsreinigung) auf seiner Facebookseite bis vor Kurzem Textminiaturen von Twittermitgliedern ohne eine Quellenangabe veröffentlicht.
Die Twittergemeinde ist darüber nicht gerade erfreut gewesen, die Facebookmeldungen sind seit gestern gelöscht. Das wiederum stößt bei Jun Hao Hungs Facebookfreunden auf Unverständnis. Und schon ergeben sich hier in bester West-Side-Story-Manier digitale Straßenschlachten, insbesondere auf Facebook, nur leider ohne Liebespaar, und weniger getanzt wird dabei auch.

Twitter ist ein eigener Kosmos, hat schon längst eine eigene sprachstilistische Dynamik entwickelt und ist von außerhalb betrachtet nicht jedem verständlich. Vielen Facebookern dürfte der von Ironie, Einhörnern, Mett und Metaphern geprägte Sprachduktus Twitters, der sich selbst oft nicht ernst nimmt, befremdlich scheinen . Und dadurch scheinbar angreifend wirken.
Das führt zu einem Ungleichgewicht der Streitsituation.
Denn sehr viele Twitterer besitzen ebenfalls einen Facebookaccount und sind mit diesem sozialen Netzwerk vertraut, doch wenige Facebooker haben einen genaueren Blick auf das Anfangs scheinbar dornenheckenumgebende Twitter geworfen. Die Mikrobloggingplattform bedarf zum Verständnis einer größeren Aufmerksamkeit.

Facebookfreunde Hungs vermissen "seine" Statusmeldungen, und greifen die nun inzwischen als Quelle eben dieser herausgestellte Plattform Twitter als solche an.
Willkommen in der Welt der Paradoxien.

Ein beliebtes Argument schien mir bei der Kommentarlektüre der Umstand zu sein, dass auch nicht jeder eine Quellenangabe mache, wenn ein Witz weitererzählt wird.
Abgesehen davon, dass als Quelle der meisten schlechten Witze wohl Fips Asmussen angegeben werden könnte, vertrete ich hier eine Art Volksmund-Theorie.
Stand früher in meinem Poesiealbum ein "Rosen, Tulpen, Nelken...", dann freilich ohne Quellenangabe. Doch wurde mir "ohne Bedenken" eine Ofenkachel schriftlich überreicht, so war dahinter sehr wohl ein Herr Joachim Ringelnatz vermerkt.
Viele Witze sind gewissermaßen überliefert, eine Quelle nicht auszumachen. Doch wenn wir Zeugen werden dürfen, wie sich Popkulturcomediens Shirtsprüche, Künstlernamen u.ä. schützen lassen, müsste ein Gefühl dafür entstehen, das geistiges Eigentum existiert. Selbst wenn es mehr oder weniger als erheiternd zu bezeichnen ist.

Weiteres Argument der Kommentatoren der Jun Hao Hung-Page auf Facebook: das Internet sei kein realer Raum, was dort mit geäußerten Gedanken geschehe, irrelevant.
In diesem Zusammenhang also eine von mir wenig geliebte "Reingestellt, selber Schuld."-Ansicht, die die Existenz des Web 2.0 praktisch leugnet bzw. es, wenn immerhin in seinem Dasein ja evt. doch anerkannt, zum rechtsfreien Raum erklärt.
Ich kann via Internet eine Pizza bestellen, einen Artztermin organisieren oder meinen Urlaub, ich kann Papierkram ohne Papier erledigen, ich könnte mir Jun Hao Hungs Buch bestellen, ich kann selbst schreiben. Es handelt sich um meine persönliche Meinung, aber einen Raum, der, je nach Nutzungsumfang, so deutlich in meinen Alltag hineinreichen, ihn beeinflussen kann, empfinde ich nicht als irreal. Und erachte es ebenfalls als notwendig, dass er aus denselben Gründen nicht rechtsfrei wird.

"Sharing means caring", sagte mir kürzlich eine Dame, oder vielmehr ihre vom H&M-Einkauf zeugende Tragetasche.
"Sharing" ist ein aktiver Vorgang, jemand teilt. Doch gibt es einen Unterschied zwischen "Teilen" und "Nehmen".
Viele sind der Ansicht, Hung hätte nicht falsch gehandelt, denn: das sei nun mal das Internet, ein Ort, an dem "Sharing" angesagt ist. Aber er hat nicht geteilt, sondern genommen.
"Teilen" kann nur durch den Verfasser, den geistigen Eigentümer, geschehen.
"Weiterteilen" oder "Verbreiten" mit einer Quellenangabe.
"Nehmen" bedeutet, sich etwas, in diesem Fall Texte, Gedanken - mit einer Rücksichtslosigkeit in menschlicher Hinsicht, denn es handelt sich nicht um Sachtexte, sondern um Persönliches von emotionalem Wert  - zu greifen und zu veröffentlichen, hinnehmend, dass Leser sie als geistige Ergüsse des "Nehmers" verstehen müssen.
Der eigentliche Verfasser wird damit gleichermaßen prostituiert.

Ist eine Quelle vorhanden, soll sie angegeben werde. Zu schwer ist es nicht. Zitiere ich auf Facebook eine Twittereintragung, so poste ich den Link und beschreibe ihn mit einem korrekt angegebenen Zitat. Klingt aufwendig, ist aber eine Sekundenangelegenheit und stillt mein Bedürfnis nach Copy&Paste in einer Art und Weise, die absolut pc ist.

Die Einfachheit des richtigen Zitierens löst die Empörung aus, sollte es unterlassen werden.
Denn dabei handelt es sich nicht um ein Versehen, auch nicht um "Naivität", wie es der Autor so vorwegentschuldigend selbst beschreibt, sondern um einen bewussten Vorgang.
Zu welchem Zweck auch immer, darum soll es hier nicht gehen.
Doch kann ich mein Handeln, sollte es falsch sein - und im Bewusstsein um eine Quelle nicht korrekt zu zitieren ist falsch, in Hinblick auf rein zwischenmenschliche Rücksichtnahme - nicht im Vorfeld mit Naivität entschuldigen und somit Fehlverhalten zu neutralisieren versuchen bzw. es dann anscheinend schon erwogen haben.

Facebooker gehen in ihren Kommentaren zu weit, Twitterer gehen in ihren Kommentaren zu weit. Das Unverständnis halte ich auf zweitgenannter Seite für berechtigter.
Das alles im Streit um eine inzwischen daraus zurückgezogene Person.

Aber wahrscheinlich ist es zum Wochenende hin schon wieder vorbei, dann geht's hier nur noch um Grillen am Strand o.ä.. Das wäre doch mal schön.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Die Cruella de Vil der Pirouette.

Bitte seid jetzt nicht zu enttäuscht, aber ich kann absolut nicht tanzen. Aber es ist ja nicht so, als könnte ich niemandem die Schuld daran geben.

Im zarten Alter von sieben Jahren o.ä. habe ich einen ganz wunderbaren Disney-Film gesehen, "Der Glöckner von Notre Dame", und war gleich ein bisschen in Esmeralda verliebt. Darum musste ich natürlich unbedingt im Orts-, um nicht zu sagen Nestsansässigen Familienzentrum einen Kurs belegen.

Meine Grazie ist allerdings überhaupt nicht ausreichend gewesen für gelungene Pirouetten und weithohe Luftsprünge. Zudem fiel mir immer wieder mein imaginärer Wassereimer vom Kopf.
Um der Geschichte das Sahnehäubchen zu verpassen, handelte es sich bei der Leiterin des Kurses um den herrischen und altjungfräulichen Tanzlehrerinnentypus. Meine Disney-Assoziation bei ihr lief eher Richtung Cruella de Vil.
Ach ja: nach einigen Stunden schmiss ich hin. Es war dann irgendwie gruselig.

Worauf ich hinaus möchte: tanzt gern, tanzt viel.
Kürzlich sah ich zwei Damen tanzen, nur ein paar Schritte eine Choreographie, keine Tänzerinnen, fast nur markierend, und doch war das Betrachten der Schönheit dieser Szene kaum zu ertragen, sodass ich mich ernsthaft fragte, ob es etwas zauberhafteres gäbe als tanzende Frauen.
Tanzt.
Aber fordert mich nicht auf. Lasst mich Bestaunen.

Sonntag, 5. Juni 2011

Mafiöse Feuchtbiotope.


Gibt es etwas Schöneres als einen strahlend blauen Himmel, blühende Natur (schöne Grüße an alle Berufs- und Freizeitheuschnupfler) und Schwäne, die ältere Ehepaare bedrohlich zischend quer über Schloßparkwiesen scheuchen? Ich denke nicht.

Vergesst die gemeinhin bekannten Gewässergenies, Delphine und die mehrarmigen Weichtiere der Tiefsee, Schwäne haben's wirklich raus.
Die uferkantennahe Zielperson wird vom Wasser aus erfasst, ein nahezu unmerkliches Näherungsmanöver wird eingeleitet. Geht das schneeweiße Tierchen an Land, ist es schon zu spät. Wenn ein aus der Nähe plötzlich so riesig wirkendes Federvieh Zischlaute von sich gebend um Dich herumpirscht, bist Du schon fest im Federgriff. Flucht kommt nicht in Frage, man will ja niemanden zum Sturzflug animieren.

Albtraum der Seeufergenießer und Ruderbootliebhaber. Und eine Wasserlandschaft unter mafiös anmutender Herrschaft.
Schwan müsste man sein.

Sonntag, 29. Mai 2011

Judas Waschmittelwerbung.

Die allgemein anerkannten wesentlichen Höhepunkte erfolgreicher Beziehungen: 
-Ins heilige Sakrament der Ehe eintreten. 
-Angesichts einer - in Bildern gesprochen - mit dem Aufbrechen eines vollreifen Granatapfels  vergleichbaren jungfräulichen Fruchtbarkeit diverse Rotzblagen werfen.

Und Du, Judas Waschmittelwerbung, nutzt Deinen umfangreichen Einfluss auf alle waschenden Menschen - und das sind hoffentlich zahlreiche - nicht im Mindesten.

Du zementierst Vorurteile, denen zufolge sich verzweifelte Junggesellen in Frauenherzen waschen, aber niemanden mehr lieben als Mutti.

Das größte anzustrebende Glück, sagst Du, besteht aus zauberhaften Kindern, die in auffallend leuchtender Kleidung fröhlich jauchzend über verdächtig grüne Endlosrasenflächen, brechend voll mit zum Trocknen aufgehangenen Laken, tollen und hüpfen.

Unseren Nachbarn winken wir gerne über den Gartenzaun zu, um ihnen zur Kaffeezeit Deinen wirksamsten Fleckentferner empfehlen zu können.

Du versetzt uns in die weichgespülte, homogene Welt heterosexueller Traumpaare, ihrer makellosen Familien und weißen Westen.

Aber vielleicht machst Du das ja nur, damit wir sehen, wie gut wir es doch eigentlich haben, im Hier.

Samstag, 19. März 2011

Eine Torte namens Eiche.

Mythos Erzgebirge. Tannenwälder, Felsenklüfte, nostalgische Blicke auf die Silberschürfstätten von anno dazumal, eigenartiger Dialekt, Dörfer inmitten von Berglandschaft - alles andere als barrierefrei - und volkstümliche Schnitzereien in jedem Fenster.

Um mit Gerüchten und Vorurteilen aufzuräumen: das stimmt alles.

Warum sagt Ihr "Mütterchen"? Warum heißt diese Torte da um alles in der Welt nur "Eiche"?

Und auch in solch einer Gegend kann man es sich mit netten Menschen nett machen.
Der ein oder andere Berg lässt sich mühelos über breite Straßen und Wege besteigen, und wer sich wie ein Tischler fühlt, wenn er ein Billy-Regal zusammenschraubt, fühlt sich hier wie ein Gipfelstürmer. Ein Stammcafé lässt sich auch hier finden, in dem es nicht nur hausmannskostige Haxe gibt.
Schiller, der alte Schwärmer, würde schreiben: "Wird dieses Aug nicht ebenso schmelzend funkeln, ob es im Rhein oder in der Elbe sich spiegelt oder im Baltischen Meer?".

Einges wird mir kurios bleiben, so kurios wie Ü50-Poetry-Slammer, die den Begriff "Dichterwettstreit" vorziehen und in Mundart deklamieren.
Wie wenige Kilometer einen Unterschied machen. Ein spannender Gedanke.

Montag, 14. März 2011

Visuelles Harmoniedrängen.

Jemand, Mütterchen Natur vielleicht, muss es so eingerichtet und damit völlig daneben gegriffen haben: visuelles Harmoniedrängen, gipfelnd im berüchtigten Partnerlook.
"Oh sieh, mein werter Ehegatte, eben jenes Strickjäckchen in schlichtem schwarz-grau mit neckischem gelben Streifen dürfte auch Dir mehr als ausgezeichnet stehen!" - "Mein holdes Eheweib, Du hast ganz recht, so lasse uns in abgestimmter Oberbekleidung nächstes Frühjahr am Ostseestrand flanieren."

Ein Bild des Schreckens, und doch nur die Spitze des Eisberges.
Wer über keinen Ehepartner verfügt, dessen Ego zu allem Überfluss auch noch so klein sein sollte, sich auf kleidungstechnische Spiegelspiele einzulassen, ist gezwungen, sich alternativ zu behelfen. Und kleidet eben des Deutschen besten Freund, seinen kläffenden Gefährten, wie sich selbst. Von wetterfestem Goretex angetan könnte der Ostseeausflug, zum Zwecke einer durch Stürme begünstigter Bernsteinjagt, in den Herbst verlegt werden.

Doch die mir persönlich unwirklichste Erscheinung lief mir gerade heute über den Weg: Töchter, sich zart, zögerlich, langsam die Bahn zur Volljährigkeit schlagend, gekleidet wie ihre Mütter. Fernab von Mutter-Kind-Kuren und gemeinsamen Pilates-Kursen gewinnt dieses Duo im tristen Alltagsleben eine als unsympathisch zu verstehende Neigung ins Bizarre.

Männer und Frauen, Hunde und Herrchen, Mütter und Töchter, ihr mögt zusammen gehen - aber bitte nicht in den gleichen Pullis.

Freitag, 18. Februar 2011

Himmelherrgottnocheins!

Freunde und Liebhaber meines Blogs, bestimmt ist Euch schon positiv aufgefallen, dass hier so erfrischend wenig geflucht wird! Tatsächlich aber finde ich mein Fluchverhalten in letzter Zeit erwähnenswert, weil scheinbar umständlich.
So habe ich zwei Standartflüche, die ich verwende, als da wären "Verflixt und zugenäht!" und "Himmelherrgottnocheins!". Diese beiden sind so wunderbar unvulgär, somit gesellschaftsfähig, dass ich sie gern noch für eine Weile behalte. Und weiterhin sind sie, wie ich festgestellt habe, auch nicht grundlos in mein Vokabular gesickert.

So ist mein "Verflixt und zugenäht!" quasi die letzte Ausfahrt nach "Verf" in unvulgäre Regionen, die ich einmal notgedrungen nahm und die mir so gut gefiel, dass ich sie beibehalten habe.

Eines schönen Tages hörte ich von einer schönen Dame nach dem ersten Schluck eines schön stark geratenen Sanddornlikörs ein schönes "Heilige Maria!". Und wie liebend gern ich auch interessante, spannende, ungewohnte, klingende Worte und Wendungen aufnehme und selbst verwende, diese stellte sich als in meinen Wortschatz nicht einfügbar heraus. Es wollte mir einfach nicht mit dieser gewissen Leichtigkeit über die Lippen kommen. Davon mitgenommen und, wahrscheinlich nach Gärungsvorgängen im Unterbewussten, hörte ich mich irgendwann"Himmelherrgottnocheins!" sagen, und, kompromissbereit, wie ich nun einmal bin, bleibt es bis jetzt auch dabei, wenn auch mehr im Sinne eines Ausrufes des Erstaunens o.ä..

Doch eine Situation gibt es, in der ich fluchend stets vulgär werde, und das aus keinem geringeren Grund, als dass mich niemand hören kann, nämlich im Straßenverkehr, und ich pflege die Angewohnheit, meine Verfluchungen hier nur vor mich herzumurmeln; die Damen und Herren Verkehrsteilnehmer sind im Wagen ohnehin bereits in unerreichbarer Ferne, und die werten Fußgänger habe ich im Idealfall schon wieder hinter mir gelassen. Richtig, ich bin Radfahrer, und alle Leser, die nicht selbst Radfahrer sind, werden nun kein weiteres Verständnis für mich aufbringen können, denn Autofahrer wie Fußgänger mögen sich gegenseitig wenig, aber die Radfahrer können sie beide nicht leiden. Rufen die Unken.

Hier bin ich auch ganz einfallslos und habe ein Muster:  "[Adjektivierung des Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung oder sonstiger fahrverhaltensbedingter Ärgernisse] (Flach)wichser."

So bin ich im Straßenverkehr. Gut, dass mich da keiner hört, Himmelherrgottnocheins!

Samstag, 12. Februar 2011

Miese Gesprächsreflexe

Auch mich packt hin und wieder eine gewisse Experimentierfreudigkeit.
 
Geduldiges Kleingeldsammeln zum Passendzahlen an der Kasse löst doch vielfältige Reaktionen aus, solltet Ihr einen unauffälligen Blick auf die Schlangenwartenden werfen. Dezent-nervöses Finger- und Fußspitzentänzeln, intensive Atemtätigkeit, gesichtskommentarloses Über-sich-ergehen-lassen. Und erst die Freude in den Gesichtern aller Beteiligter, wenn man's dann geschafft hat!

Weiterhin kann ich Euch aus Erfahrung berichten, dass ein Gespräch für doch nicht unbedingt geringe Zeit "so einigermaßen okay" verläuft, wenn einer der Redewendigen das farbenfrohe Spektrum aller erdenklich "Mh"s als Kommentar durchnimmt.

Am spannendsten, zugegeben nicht meine Idee, sondern vor einer nicht erwähnenswerten Zahl von Jahren von einem Universitätsprofessor der Germanistik angeregt: Schweigen am Telefon, absoluter Verzicht auf die sonst üblichen "Mh", "Aha", "Soso" und sonstiges Füllmaterial. Es ist aufregend, versucht es! Doch manch einer mag es nicht bemerken.

Zu diesen Zeitgenossen gehöre ich.
So geschah es an einem Wintertage, dass ich mit dicken Fäustlingen an den Händen einen Anruf auf meinem Mobiltelefon entgegennahm. Im Gesprächsverlauf muss ich jedoch auf die Auflege-Taste o.ä. gekommen sein, in Anbetracht der die Feinmotorik beeinträchtigenden Umstände durchaus zu entschuldigen. Nur plapperte ich fröhlich ungefähr lange zwei bis drei Minuten, bis ich es bemerkte. Ganz miese Gesprächsreflexe. Ach was, nennen wir es eine liebenswerte Marotte und lassen's gut sein.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Die Eleganz der Tabakdreherin

Der diffizile Vorgang des Drehens einer Cigarette spiegelt bestürzend intensiv Sensibilität, Herzenswärme des Bastlers wieder.
Versunken niedergeschlagener Blick, der - ganz für sich - die geschickt, sachte über das dreikomponentige Baumaterial fliegenden Fingerspitzen beobachtet.
Ein zartes Lächeln huscht über die Lippen, kaum spürbar, doch genug, um feine Grübchen im schönen Gesicht erscheinen zu lassen, für einen flüchtigen Moment.
Dieserart für einen Augenblick der Welt entflohen, scheint sie zu strahlen.
Milchige Seife, Cigarettenrauch, die Eleganz der Tabakdreherin.

Samstag, 29. Januar 2011

Goldbestäubte Sirupwölkchen

Ich bin ja kein Freund von Kitsch. Eigentlich. Mit furchtbar romantischen Szenen der Liebe ist mir meist nur eine hochgezogene Augenbraue zu entlocken. Nicht auf dezent-kokette Anne Will-Art, sondern mit gekräuselter Stirn und der Zugbewegung folgendem Nasenflügel.

Nun aber kann ich eine gewisse Zuneigung zur wunderbaren Heile-Welt-anno-dazumal-Serie "Unsere kleine Farm" nicht leugnen.
Warum nur? In jeder Folge, in jeder, wird mindestens einmal geweint. Alles wird gut ausgehen, natürlich, und es wird sich mehrfach umarmt.
Schaut man's nur, fällt der Kitsch eher weniger auf. Aber lasst mich nur einmal eine Folge beschreiben, eine meiner liebsten, "Die Theateraufführung".

Die Schule des beschaulichen Ortes Walnut Grove bereitet also eine Theateraufführung für die Eltern der Kinder, wen auch sonst, vor. Die Mutter des Mädchens mit dem blonden langen Haar, das übrigens im Verlaufe der Serie nie wieder auftauchen wird, will diese allerdings partout nicht sehen, schiebt als Begründung vor, sie habe nichts anzuziehen. (Frauen.)
Gut, dass ein Perückenmacher in der Stadt ist, das Mädchen verkauft ihm seine Haare, schenkt seiner Mutter ein Kleid, in rührenden Wein- und Umarmungsszenen wird alles wieder gut. 
(Seid beruhigt: auch in Walnut Grove gibt es Prügeleien, Intrigen und Diskriminierungen en masse.)

Oh. Mein. Gott. Es trieft etwas Klebriges aus rosaroten Wölkchen auf mich, wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse.
Aber: etwas Kitsch darf doch erlaubt sein. Nur nennen wir es lieber anders, lassen wir etwas nicht einfach nur kitschig sein, sondern zauberhaft, bezaubernd, zauberschön, mit Gold bestäubt, oder ganz schlicht, einfach nur süß.

Pro Romantik! In kleinen Dosen.
Wenn ich zum Abschluss ein kleines Zitat anbringen dürfte:

"Die Würde des Menschen ist seine Obsession,
und die wirkt fast immer lächerlich. 
Und diese Lächerlichkeit, diese Obsession,
dieser Kitsch, ist das Schönste,
was es von Menschen zu berichten gibt."
Turrini (1995)

Samstag, 22. Januar 2011

"Denn der Mensch ist ja Mensch nur wenn er's warm hat und Licht."

Was willst Du nun anfangen, ohnmächtiger Theaterfreund?

Alle der Kunst wärmstens zugeneigten Damen und Herren mögen Ihre Picknickkörbe packen, Decken mitnehmen, Decken zuhauf, wir würden uns allesamt vor dem Theater festketten, vor den Türen, an den Bänken und Säulen. 
Einige würden Tee ausschenken, Schnittchen zur Mittagszeit, später Kaffee und Kuchen.

Nicht zu vergessen, denn sie sind ja das wichtigste, die Transparente!
Und wenn nun gerade kein Politiker am Platze wäre, der uns erzählte, dass eine Insolvenz nicht das Ende bedeute, dem wir mit schillernd bunt beschrifteten, an Holzlatten genagelten Pressspanplatten die ignorante Kommerzvisage blutig schlagen könnten - wir würden in diesen Pausen auch schon einmal eine Partie Rommé zu spielen wagen.

Bitte bringt Wärmflaschen.

Dienstag, 18. Januar 2011

Pausen klaun.

Die Pause als solche scheint mir vollkommen unterschätzt, wenn nicht gar verurteilt als Zeichen von Faulheit und Müßiggang.
"Eine Gesprächspause", wer hört denn diesen Ausdruck ohne ein "unangenehm", das daran klebt?
Kleine Pausen - sie sollten gesucht, gefunden und kultiviert werden. Als die ruhige, nicht drängende kreativ-produktive Ideenfindungs-, Eindruckverarbeitungs- und Lösungsentstehungszeit. Öfters mal ein "nicht jetzt" erwidern, dass nicht böse gemeint ist, und es ebenfalls so annehmen lernen.
Die Zeit, an Rosen zu schnuppern, diesen Ausdruck kennen wir wohl alle, und weil das furchtbar kitschig klingt, dürfen die kleinen Pausen auch gerne anders genutzt werden. Ein Kaffee, eine Notiz, eine Seite im Buch, ein Foto, ein Fundstück. Ein regungsloses Sitzen und Denken, so sehr es auch nach Nichts-tun aussehen mag.
Mut zur Pause. Mut zum Päuschen. Die kleine innere Abwesenheit zwecks Selbstfindung - für Zwischendurch.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Brausebrimbamborium

Der größte Brausenfreund bin ich nun nicht gerade, zumindest dann nicht, wenn es um die üblichen Verdächtigen geht. Und die möchte ich auch gar nicht nennen, denn wenn Ihr kurz in die Getränkeabteilung des nächsten Supermarktes flitzt, wisst Ihr sicher, was ich meine.

Aber inzwischen, ich möchte einmal behaupten, durch die Bionade, werden die Freuden funky sprudeliger Szeneerfrischungsgetränke auch Ottonormal-Nichtszenegänger zugänglich.
Aus gegebenen Gründen, insbesondere dem #matest, dem wir kürzlich auf Twitter beiwohnen durften, wollen diese Bräuschen von mir erkundet werden.

Muss das übliche Malzbier der Mate weichen? Na na, das nicht. Aber ich nehme an, dass es weitere Favoriten neben sich dulden wird.
Wostock, 1337MATE, Premium Cola, hui, wie aufregend! (Es sind die kleinen Dinge.)

Freitag, 7. Januar 2011

Die Bahn wird Religion

Unsere liebe, gute, treue Deutsche Bahn (aber es heißt jetzt "Die Bahn", oder?).
Was wurde nicht über sie geredet, diskutiert, was hat sie nicht das Vertrauen ihrer Fahrgäste erschüttert, die ja doch wieder mit ihr fahren werden, weil müssen.
So einig man sich auch sein mag, wenigstens bei klarem Verstand, dass einige Instandhaltungsmaßnahmen an Nah- und Fernverkehrszügen dem Bau eines "funky" U-Bahnhofes in Stuttgart vorzuziehen wären - trotz allem werden wir wieder in diese Züge steigen, und eines schönen Tages vielleicht auch in der Stadt am und um den Neckar drumrum Halt machen.

Ich selbst bin ja nach zwei aufgefallenen Zügen ein wenig skeptisch der Bahn gegenüber und prüfe, schon Tage vor der Abreise, ob die Wagen, welche zuvor die jeweilige Strecke befahren, dies auch wirklich tun. Nun nennt mich bitte nicht paranoid, Vorsicht ist besser als Nachsicht. Und doch gebe ich es zu: als ganz und gar führerscheinloser Mensch werde ich wieder am Bahngleis stehen, und fällt der Zug aus, na, dann fällt er halt aus. Ich bin mir sicher, nicht die Einzige zu sein, die, alternativlos, den Kopf nach "Ansagen am Bahnsteig" reckt.
Menschen, vollkommen zu Recht aufgebracht, harren auf eisig kalten Bahnsteigen aus, pflaumen hier und da, vollkommen zu Unrecht, einen Mitarbeiter der Bahn an, der auch nicht viel besser informiert worden ist als sie.

Und wir werden wieder in diese Züge steigen. Also, liebe "Die Bahn", wir brauchen Dich und sind froh, wenn Du für uns da bist, auch wenn wir unsere Liebe nicht immer offen zeigen können. "Willst Du gelten, mach Dich selten", das gilt aber nicht für den Bahnverkehr. 
Und wenn aus diesem in einhundert, zweihundert Jahren eine Religion geworden ist, weil regelmäßige Fahrten nur dann stattfinden, wenn alle fest daran glauben, und falls nicht, dann wird es sich wohl um einen höheren Willen handeln, dessen Sinn sich uns gar nicht erschließen kann - dann werden wir nicht Fahrpläne forsten, um uns der Abfahrbereitschaft der Züge sicher zu sein, sondern Kerzen anzünden. Es sollte ähnlich großen Nutzen mit sich bringen.

Dienstag, 4. Januar 2011

Unverschämte Kurzsichtigkeiten

Nun bin ich ja, wie so viele andere auch, mit einer Kurzsichtigkeit im medizinischen Sinne gesegnet. Das Wort 'gesegnet' meine ich ironisch, wie vielleicht der ein oder andere schon ahnte. Andererseits kommt man als Dame oder Herr mit vollem Sehvermögen auch nicht in den Genuss des Momentes, in dem man mit entsprechender Korrekturvariante zum ersten Mal wieder wunderbar klar sehen kann.
 Seit einigen Jahren trage ich Kontaktlinsen, und wie das nun einmal so ist, ging meine Brille trotz konsequenter Nichtnutzung irgendwann zu Bruch. Wahrscheinlich vor lauter Kummer über meine Ablehnug.
Warum also nicht mal wieder einen Sehtest machen lassen, sich ein neues Nasenfahrrad gönnen, um auch mal wieder furchtbar klug dreinzuschauen?
Wie sich herausstellete, sollten die Augen davor jedoch eine gewisse Zeit lang kontaktlinsenfrei und ausgeruht sein. Auf meine Anmerkung hin, dass mir dies aufgrund des Fehlens einer Brille und der Ausgeprägtheit meiner Sehschwäche nicht möglich sei, riet mir die nette Dame doch folgendes: so solle mich nach einer augenerholsamen Nacht in die Filiale führen lassen.
Ein Begleithund wurde mir nicht angeboten. Unverschämtheit.

Sonntag, 2. Januar 2011

Vorsätze, Fundstücke und Ohrfeigen

Zumindest hier haben wir heute einen wunderbar sonnigen Wintertag. Mein Ratschlag an Euch alle dort draußen: greift Euch bei nächster Gelegenheit eine Kamera und haltet diesen Winter für nachfolgende Generationen fest, nur für den Fall, dass diese Euren Schilderungen von meterdicken Eisdecken auf den Straßen und den darunter befindlichen Schneemassen keinen Glauben schenken werden.
Einen meiner persönlichen Eindrücke findet Ihr hier rechtsseitig.

Überhaupt bin ich gerade in einer Stimmung zum Bewahren von Erinnerungen und übertrage derzeit Getipptes von Zweitausendundacht auf Papier. Und obwohl ich keine Vorsätze für das neue Jahr fassen wollte, nun habe ich es doch getan.
Überrumpelt von der Erkenntnis, dass ich im Jahre Zweitausendundneun an Geschehnissen nichts weiter dokumentierte und mich auch tatsächlich schwer an Relevantes dieser dreihundertfünfundsechzig Tage erinnern kann, habe ich mir vorgenommen, Ereignisse, auch die vielen kleinen, schönen, festzuhalten.
In Bild, in Schrift, in Fundstücken, und man denke, der Erfüllung dieses Vorhabens sicher, blicke ich mit einigermaßen unbescheidener Zuversicht in das Jahr Zweitausendundelf.

Doch fürchtet Euch nicht und versteht mich nicht falsch: ich werde nie und nimmer zum Scrapbooker!
(Falls doch, bitte erinnert mich höflichst an meine Ablehnung gegen diese Freizeitbeschäftigung, die meiner Ansicht nach in ihrer Spießigkeit nur von mit Serviettentechnik beklebten Übertöpfen überboten werden könnte. Notfalls unter Zuhilfenahme kräftiger Ohrfeigen.)